“Pint, per tant som.”
“I paint, so I am.”
„Ich male, also bin ich.“
“Pinto, luego soy.”
“Je peins, donc je suis.“
“Pingo, ergo sum.”
“Ech molen, dofir sinn ech.“
“Jeden Tag ein Bild malen”, war das erklärte Ziel von Gust Graas. Und das hat er in seinen 95 reichen Lebensjahren auch fast geschafft. Entsprechend schwierig ist eine Auswahl, die seinem Werk und Wesen nur annähernd gerecht wird. Diese Retrospektive zum 100. Geburtstag umfasst Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, auch kleinere Formate aus den 50er Jahren.
„La table mise“ + (Der gedeckte Tisch) ist nicht zufällig das Poster von POESIA: Die zentrale Farbe von Gust Graas ist Blau. Wie auch gleich am Eingang im Triptychon „Barrière de Corail“ + (Korallenriff). Oder in “Balde ruhest du auch” + . Nach Goethes berühmtem Gedicht "Über allen Gipfeln ist Ruh‘". Warte nur, balde ruhest du auch...
Bei seiner ersten internationalen Ausstellung 1973 in Brüssel fragt ihn Paris Match: „Sie sind also ein abstrakter Maler?!“ – „Ich weiß nicht, was ich bin. Über Kunst wird so viel Dummes erzählt. Ich möchte meine Bilder zeigen, aber nicht darüber reden.“ Und: „Kunst lässt sich nicht mit Vernunft und schon gar nicht mit Worten erklären.“
Die Kunstwelt verpasst ihm auch prompt das passende Etikett: lyrische Abstraktion, „Abstraction Poétique“. Warum nicht. Gust Graas notiert in seiner Gedankensammlung: „Poet: erfasst die heimlichen Schwingungen in der Natur.“
Diese „heimlichen Schwingungen“ leben in seinen Bildern - der Maler als Poet, Gemälde als Gedichte. Freiraum für Freude, Lebensglück. Er ist aus tiefem Herzen Humanist, was auch der Titel seiner ersten Einzelausstellung zeigt, schon 1965 in Esch/Alzette, seinem luxemburgischen Geburtsort: „Liebe zu den Menschen“. „Banc public“ + (Öffentliche Bank).
Und er ist Christ. Wie seine Bilder und Skulpturen beweisen: „La force de la croyance“ + (Die Kraft des Glaubens). Oder „La croix“ + (Das Kreuz) und „La Nonne“ + (Die Nonne). Ein klares Bekenntnis: Gott ist für ihn eine feste Größe. Warum die Hölle, wenn man auch den Himmel malen kann?! Die Schönheit der Schöpfung mit all ihren Formen und Farben, wie "L’ombre douce des feuilles" + (Der weiche Schatten der Blätter).
Kein Künstler lebt ohne Vor-Bilder. Gust Graas steht zu seinen großen Meistern: Bonnard, Kandinsky und natürlich Klee, unübersehbar. Und für „En attente à midi“ + (Warten auf Mittag) von 1956 leiht er sich selbstironisch die Wolkenwirbel bei van Gogh. "Hommage à Montanier" + spielt an auf den großen Abstrakten Francis Montanier, Mentor und Impulsgeber früher Jahre in Paris, als Gust Graas noch auf der Suche war nach seinem eigenen Stil.
Er ist selbst immer wieder erstaunt, wie „einige Gramm Farbe, ein Löffel Öl, eine weiße Leinwand und die mit Gefühl geführte Hand des Künstlers diesem bisschen Materie eine Seelegeben."
In den nächtlichen Stunden an der Staffelei begleiten ihn die geliebten Klänge, Gregorianische Gesänge der Benediktiner --- Mönche aus dem luxemburgischen Kloster Clervaux. Und die Töne verwandeln sich in Farbtöne...
Einer seiner Lebensfreunde wird der österreichische Dirigent und Musiker Leopold Hager, jahrelang Chef des RTL- Symphonieorchesters. Beide teilen die Leidenschaft für Arnold Schönberg und seine „Verklärte Nacht“: genau die richtige Filmmusik für die Original-Staffelei und diesen so besonderen Raum.
Eine neue Welt öffnet sich, als Gust Graas 1979 durch Zufall Pollença entdeckt. Er ist zu einer Hochzeit eingeladen und überwältigt von Licht, Luft und Landschaft. Mallorca! Mediterranes Leben! Im Tramuntana-Tal zwischen Lluc und Pollença findet er eine idyllische Finca mit kleiner Filiale: Hier kreiert er sein südliches Atelier, für ihn ein Glücksort im "Paradies".
Gust Graas ist zeitlos. Auch in den nächsten 100 Jahren wird man sich in seinen Bildern verlieren und meditieren: Die Seele hat Sehnsucht nach positiver, guter Energie. So tragen viele seiner Werke auch heitere Namen: „Rêve du zèbre“ + (Traum des Zebras), „Elephant volant“ (Fliegender Elefant) oder „Wir freuen uns auf den Nachtisch“. Seine Bilder sind auch Bekenntnisse seiner Gedanken- und Gefühlswelt, im Hellen wie im Dunklen. Und einmal trifft der eine Graas sogar den anderen Graas: „Gedanken über TV“ + nennt er Mutter und Kind auf dem hypnotisierenden Flimmer-Sofa, der Fernsehkonsum und seine Folgen...
Nicht ohne Grund: Gust Graas war jahrzehntelang einer der erfolgreichsten Medienmanager Europas, jedenfalls tagsüber. Die Nacht gehörte dem Atelier und seiner Kunst. Als er 1989 RTL und Luxemburg verlässt, beginnt für ihn ein neues Leben, hier in Pollença: nur noch genießen, lachen und malen!
"La ville historique" + (Die historische Stadt) zeigt seine helle Freude über diesen Zauber.
Er komponiert Poesie zwischen Himmel und Erde, seine Bilder leuchten mit vibrierender Strahlkraft. Die mediterrane Magie ist deutlich zu spüren in „Bulles de chaleur“ + (Hitzeblasen) oder „La feuille en surimpression" + (Das überdruckte Blatt). Und dem Wahrzeichen von Pollença setzt er ein Denkmal mit "Le coq surveille" + (Der Hahn wacht). Mit schnellen Pinselstrichen gemalt, wie bei seinen Zeichnungen auf Papier. Die erdigen Materialbilder von Antoni Tàpies faszinieren ihn, und so verewigt er in "Le sable migrant" + (Der wandernde Sand) Steinchen und eine Handvoll Strand der Playa de Alcúdia.
Die 90er Jahre werden für Gust Graas zur intensiven Schaffensphase. Es strömt aus ihm heraus, als wollte er seine ganze Welt erzählen. Und er bemalt alles, was ihm in die Finger fällt, im Zweifel auch den Deckel einer "Vanille-Eispackung" + (siehe Vitrine).
Sogar das profane "Waschbecken" + in der Atelierecke reizt ihn zur Wandmalerei. Der Wasserhahn wird frivol umgedeutet – Miró hätte seine helle Freude. (siehe Foto Vitrine)
„Flanieren in den Bildern von Gust Graas, in den Orangengärten und am Meer entlang, vorbei an versunkenen Städten, Türmen und Palästen...“, so erlebt es der luxemburgische Schriftsteller Lex Jacoby. Vielleicht meint er „Espoir bleu“ + (Blaue Hoffnung), „Au bord du fleuve“ + (Am Flussufer) eine der eher realistischen Arbeiten von 1956 oder „Phare au loin“ + (Leuchtturm in der Ferne). Dieser Leuchtturm von 1992 und "L`attraction solaire" + (Anziehungskraft der Sonne) steht für GG`s "transparente" Phase: Weite, Schwerelosigkeit, Befreiung nach all den harten Berufsjahren.
Poesie mit Pinsel?! Unbedingt, aber auch mit bunten Stoffresten, also Lumpen, Fetzen. Kleider, Hemden, Blusen: Die ganze Familie, Lydia und die drei Kinder, alle liefern den Stoff für seine Bilder. Sicher ist der Körperkontakt zur Leinwand so auch sinnlicher, die Hände formen das Gemälde unmittelbar, mit Fingerspitzengefühl für die Farben. Und manche dieser Stoffstreifen werden zum plastischen Teil des Bildes: Gust Graas klebt sie direkt auf die Leinwand. Siehe "Fatzen fléien" + (Fetzen fliegen) und Vitrine!
“Jeden Tag ein Bild malen”, war das erklärte Ziel von Gust Graas.
Und das hat er in seinen 95 reichen Lebensjahren auch fast geschafft.
Entsprechend schwierig ist eine Auswahl, die seinem Werk und Wesen nur annähernd gerecht wird. Diese Retrospektive zum 100. Geburtstag umfasst Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, auch kleinere Formate aus den 50er Jahren.
„La table mise“ + ist nicht zufällig das Poster von POESIA:
Die zentrale Farbe von Gust Graas ist Blau. Wie auch gleich am Eingang im Triptychon „Barrière de Corail“ + . Oder in “Balde ruhest du auch” + . Nach Goethes berühmtem Gedicht "Über allen Wipfeln ist Ruh‘". Warte nur, balde ruhest du auch...
Bei seiner ersten internationalen Ausstellung 1973 in Brüssel fragt ihn Paris Match: „Sie sind also ein abstrakter Maler?!“ – „Ich weiß nicht, was ich bin. Über Kunst wird so viel Dummes erzählt. Ich möchte meine Bilder zeigen, aber nicht darüber reden.“ Und: „Kunst lässt sich nicht mit Vernunft und schon gar nicht mit Worten erklären.“
Die Kunstwelt verpasst ihm auch prompt das passende Etikett: lyrische Abstraktion, „Abstraction Poétique“. Warum nicht. Gust Graas notiert in seiner Gedankensammlung: „Poet: erfasst die heimlichen Schwingungen in der Natur.“
Diese „heimlichen Schwingungen“ leben in seinen Bildern - der Maler als Poet, Gemälde als Gedichte. Freiraum für Freude, Lebensglück. Er ist aus tiefem Herzen Humanist, was auch der Titel seiner ersten Einzelausstellung zeigt, schon 1965 in Esch/Alzette, seinem luxemburgischen Geburtsort: „Liebe zu den Menschen“. („Banc public“ + ).
Und er ist Christ. Wie seine Bilder und Skulpturen beweisen:
„La force de la croyance“ + , Die Kraft des Glaubens. Oder „La croix“ + und „La Nonne“ + . Ein klares Bekenntnis: Gott ist für ihn eine feste Größe. Warum die Hölle, wenn man auch den Himmel malen kann?! Die Schönheit der Schöpfung mit all ihren Formen und Farben, wie "L’ombre douce des feuilles" + , Der weiche Schatten der Blätter.
Kein Künstler lebt ohne Vor-Bilder. Gust Graas steht zu seinen großen Meistern: Bonnard, Kandinsky und natürlich Klee, unübersehbar.
Und für „En attente à midi“ + (Warten auf Mittag) von 1956 leiht er sich selbstironisch die Wolkenwirbel bei van Gogh.
"Hommage à Montanier" + spielt an auf den großen Abstrakten Francis Montanier, Mentor und Impulsgeber früher Jahre in Paris, als Gust Graas noch auf der Suche war nach seinem eigenen Stil.
Er ist selbst immer wieder erstaunt, wie „einige Gramm Farbe, ein Löffelöl, eine weiße Leinwand und die mit Gefühl geführte Hand des Künstlers diesem bisschen Materie eine Seele geben."
In den nächtlichen Stunden an der Staffelei begleiten ihn die geliebten Klänge, Gregorianische Gesänge der Benediktiner- Mönche aus dem luxemburgischen Kloster Clervaux. Und die Töne verwandeln sich in Farbtöne...
Einer seiner Lebensfreunde wird der österreichische Dirigent und Musiker Leopold Hager, jahrelang Chef des RTL- Symphonieorchesters. Beide teilen die Leidenschaft für Arnold Schönberg und seine „Verklärte Nacht“: genau die richtige Filmmusik für die Original-Staffelei und diesen so besonderen Raum.
Eine neue Welt öffnet sich, als Gust Graas 1979 durch Zufall Pollença entdeckt. Er ist zu einer Hochzeit eingeladen und überwältigt von Licht, Luft und Landschaft. Mallorca! Mediterranes Leben! Im Tramuntana-Tal zwischen Lluc und Pollença findet er eine idyllische Finca mit kleiner Filiale: Hier kreiert er sein südliches Atelier, für ihn ein Glücksort im "Paradies".
Gust Graas ist zeitlos. Auch in den nächsten 100 Jahren wird man sich in seinen Bildern verlieren und meditieren: Die Seele hat Sehnsucht nach positiver, guter Energie. So tragen viele seiner Werke auch heitere Namen: „Rêve du zèbre“ + (Traum des Zebras), „Elephant volant“ (Fliegender Elefant) oder „Wir freuen uns auf den Nachtisch“. Seine Bilder sind auch Bekenntnisse seiner Gedanken- und Gefühlswelt, im Hellen wie im Dunklen. Und einmal trifft der eine Graas sogar den anderen Graas: „Gedanken über TV“ + nennt er Mutter und Kind auf dem hypnotisierenden Flimmer-Sofa, der Fernsehkonsum und seine Folgen...
Nicht ohne Grund: Gust Graas war jahrzehntelang einer der erfolgreichsten Medienmanager Europas, jedenfalls tagsüber. Die Nacht gehörte dem Atelier und seiner Kunst. Als er 1989 RTL und Luxemburg verlässt, beginnt für ihn ein neues Leben, hier in Pollença: nur noch genießen, lachen und malen! "La ville historique" + zeigt seine helle Freude über diesen Zauber.
Er komponiert Poesie zwischen Himmel und Erde, seine Bilder leuchten mit vibrierender Strahlkraft. Die mediterrane Magie ist deutlich zu spüren in „Bulles de chaleur“ + (Hitzeblasen) oder „La feuille en surimpression" + . Und dem Wahrzeichen von Pollença setzt er ein Denkmal mit "Le coq surveille" + (Der Hahn wacht). Mit schnellen Pinselstrichen gemalt, wie bei seinen Zeichnungen auf Papier.
Die erdigen Materialbilder von Antoni Tàpies faszinieren ihn, und so verewigt er in "Le sable migrant", Der wandernde Sand, Steinchen und eine Handvoll Strand der Playa de Alcúdia.
Die 90er Jahre werden für Gust Graas zur intensiven Schaffensphase. Es strömt aus ihm heraus, als wollte er seine ganze Welt erzählen. Und er bemalt alles, was ihm in die Finger fällt, im Zweifel auch den Deckel einer Vanille-Eispackung. (siehe Vitrine)
Sogar das profane Waschbecken in der Atelierecke reizt ihn zur Wandmalerei. Der Wasserhahn wird frivol umgedeutet – Miró hätte seine helle Freude. (siehe Foto Vitrine)
„Flanieren in den Bildern von Gust Graas, in den Orangengärten und am Meer entlang, vorbei an versunkenen Städten, Türmen und Palästen...“, so erlebt es der luxemburgische Schriftsteller Lex Jacoby. Vielleicht meint er „Espoir bleu“ + , Blaue Hoffnung, „Au bord du fleuve“ + , Am Flussufer, eine der eher realistischen Arbeiten von 1956 oder „Phare au loin“ + , Leuchtturm in der Ferne. Dieser Leuchtturm von 1992 steht für GGs "transparente" Phase: Weite, Schwerelosigkeit, Befreiung nach all den harten Berufsjahren.
Poesie mit Pinsel?! Unbedingt, aber auch mit bunten Stoffresten, also Lumpen, Fetzen. Kleider, Hemden, Blusen: Die ganze Familie, Lydia und die drei Kinder, alle liefern den Stoff für seine Bilder. Sicher ist der Körperkontakt zur Leinwand so auch sinnlicher, die Hände formen das Gemälde unmittelbar, mit Fingerspitzengefühl für die Farben.
Und manche dieser Stoffstreifen werden zum plastischen Teil des Bildes: Gust Graas klebt sie direkt auf die Leinwand. Siehe "Fatzen fléien" (Fetzen fliegen) und Vitrine!
“Jeden Tag ein Bild malen”, war das erklärte Ziel von Gust Graas.
Und das hat er in seinen 95 reichen Lebensjahren auch fast geschafft.
Entsprechend schwierig ist eine Auswahl, die seinem Werk
und Wesen nur annähernd gerecht wird. Diese Retrospektive
zum 100. Geburtstag umfasst Arbeiten aus fünf Jahrzehnten,
auch kleinere Formate aus den 50er Jahren.
„La table mise“ + (Der gedeckte Tisch) ist nicht zufällig das Poster
von POESIA: Die zentrale Farbe von Gust Graas ist Blau. Wie auch
gleich am Eingang im Triptychon „Barrière de Corail“ + (Korallenriff).
Oder in “Balde ruhest du auch” + . Nach Goethes berühmtem Gedicht
"Über allen Gipfeln ist Ruh‘". Warte nur, balde ruhest du auch...
Bei seiner ersten internationalen Ausstellung 1973 in Brüssel fragt ihn
Paris Match: „Sie sind also ein abstrakter Maler?!“ – „Ich weiß nicht,
was ich bin. Über Kunst wird so viel Dummes erzählt. Ich möchte
meine Bilder zeigen, aber nicht darüber reden.“ Und: „Kunst lässt sich
nicht mit Vernunft und schon gar nicht mit Worten erklären.“
Die Kunstwelt verpasst ihm auch prompt das passende Etikett:
lyrische Abstraktion, „Abstraction Poétique“. Warum nicht.
Gust Graas notiert in seiner Gedankensammlung:
„Poet: erfasst die heimlichen Schwingungen in der Natur.“
Diese „heimlichen Schwingungen“ leben in seinen Bildern -
der Maler als Poet, Gemälde als Gedichte. Freiraum für Freude,
Lebensglück. Er ist aus tiefem Herzen Humanist, was auch der Titel
seiner ersten Einzelausstellung zeigt, schon 1965 in Esch/Alzette,
seinem luxemburgischen Geburtsort: „Liebe zu den Menschen“.
„Banc public“ + (Öffentliche Bank).
Und er ist Christ. Wie seine Bilder und Skulpturen beweisen:
„La force de la croyance“ + (Die Kraft des Glaubens).
Oder „La croix“ + (Das Kreuz) und „La Nonne“ + (Die Nonne).
Ein klares Bekenntnis: Gott ist für ihn eine feste Größe.
Warum die Hölle, wenn man auch den Himmel malen kann?!
Die Schönheit der Schöpfung mit all ihren Formen und Farben,
wie "L’ombre douce des feuilles" + (Der weiche Schatten der Blätter).
Kein Künstler lebt ohne Vor-Bilder. Gust Graas steht zu seinen großen
Meistern: Bonnard, Kandinsky und natürlich Klee, unübersehbar.
Und für „En attente à midi“ + (Warten auf Mittag), von 1956 leiht
er sich selbstironisch die Wolkenwirbel bei van Gogh.
"Hommage à Montanier" + spielt an auf den großen Abstrakten
Francis Montanier, Mentor und Impulsgeber früher Jahre in Paris,
als Gust Graas noch auf der Suche war nach seinem eigenen Stil.
Er ist selbst immer wieder erstaunt, wie „einige Gramm Farbe,
ein Löffelöl, eine weiße Leinwand und die mit Gefühl geführte Hand
des Künstlers diesem bisschen Materie eine Seele geben."
In den nächtlichen Stunden an der Staffelei begleiten ihn
die geliebten Klänge, Gregorianische Gesänge der Benediktiner -
Mönche aus dem luxemburgischen Kloster Clervaux.
Und die Töne verwandeln sich in Farbtöne...
Einer seiner Lebensfreunde wird der österreichische Dirigent
und Musiker Leopold Hager, jahrelang Chef des RTL-
Symphonieorchesters. Beide teilen die Leidenschaft
für Arnold Schönberg und seine „Verklärte Nacht“:
genau die richtige Filmmusik für die Original-Staffelei
und diesen so besonderen Raum.
Eine neue Welt öffnet sich, als Gust Graas 1979 durch Zufall Pollença
entdeckt. Er ist zu einer Hochzeit eingeladen und überwältigt
von Licht, Luft und Landschaft. Mallorca! Mediterranes Leben!
Im Tramuntana-Tal zwischen Lluc und Pollença findet er
eine idyllische Finca mit kleiner Filiale: Hier kreiert er
sein südliches Atelier, für ihn ein Glücksort im "Paradies".
Gust Graas ist zeitlos. Auch in den nächsten 100 Jahren wird man sich
in seinen Bildern verlieren und meditieren: Die Seele hat Sehnsucht
nach positiver, guter Energie. So tragen viele seiner Werke
auch heitere Namen: „Rêve du zèbre“ + (Traum des Zebras),
„Elephant volant“ (Fliegender Elefant) oder „Wir freuen uns auf den
Nachtisch“. Seine Bilder sind auch Bekenntnisse seiner Gedanken-
und Gefühlswelt, im Hellen wie im Dunklen. Und einmal trifft
der eine Graas sogar den anderen Graas: „Gedanken über TV“ +
nennt er Mutter und Kind auf dem hypnotisierenden Flimmer-Sofa,
der Fernsehkonsum und seine Folgen...
Nicht ohne Grund: Gust Graas war jahrzehntelang einer der
erfolgreichsten Medienmanager Europas, jedenfalls tagsüber.
Die Nacht gehörte dem Atelier und seiner Kunst. Als er 1989
RTL und Luxemburg verlässt, beginnt für ihn ein neues Leben,
hier in Pollença: nur noch genießen, lachen und malen!
"La ville historique" + (Die historische Stadt), zeigt seine
helle Freude über diesen Zauber.
Er komponiert Poesie zwischen Himmel und Erde, seine Bilder
leuchten mit vibrierender Strahlkraft. Die mediterrane Magie
ist deutlich zu spüren in „Bulles de chaleur“ + (Hitzeblasen)
oder „La feuille en surimpression" + (Das überdruckte Blatt).
Und dem Wahrzeichen von Pollença setzt er ein Denkmal
mit "Le coq surveille" + (Der Hahn wacht). Mit schnellen
Pinselstrichen gemalt, wie bei seinen Zeichnungen auf Papier.
Die erdigen Materialbilder von Antoni Tàpies faszinieren ihn,
und so verewigt er in "Le sable migrant" + (Der wandernde Sand)
Steinchen und eine Handvoll Strand der Playa de Alcúdia.
Die 90er Jahre werden für Gust Graas zur intensiven Schaffensphase.
Es strömt aus ihm heraus, als wollte er seine ganze Welt erzählen.
Und er bemalt alles, was ihm in die Finger fällt, im Zweifel auch
den Deckel einer "Vanille-Eispackung" + (siehe Vitrine).
Sogar das profane "Waschbecken" + in der Atelierecke reizt ihn zur
Wandmalerei. Der Wasserhahn wird frivol umgedeutet –
Miró hätte seine helle Freude. (siehe Foto Vitrine)
„Flanieren in den Bildern von Gust Graas, in den Orangengärten
und am Meer entlang, vorbei an versunkenen Städten, Türmen
und Palästen...“, so erlebt es der luxemburgische Schriftsteller
Lex Jacoby. Vielleicht meint er „Espoir bleu“ + (Blaue Hoffnung),
„Au bord du fleuve“ + (Am Flussufer) eine der eher realistischen
Arbeiten von 1956 oder „Phare au loin“ + (Leuchtturm in der Ferne).
Dieser Leuchtturm von 1992 und "L`attraction solaire" +
(Anziehungskraft der Sonne), steht für GG`s "transparente" Phase:
Weite, Schwerelosigkeit, Befreiung nach all den harten Berufsjahren.
Poesie mit Pinsel?! Unbedingt, aber auch mit bunten Stoffresten,
also Lumpen, Fetzen. Kleider, Hemden, Blusen: Die ganze Familie,
Lydia und die drei Kinder, alle liefern den Stoff für seine Bilder.
Sicher ist der Körperkontakt zur Leinwand so auch sinnlicher,
die Hände formen das Gemälde unmittelbar, mit Fingerspitzengefühl
für die Farben. Und manche dieser Stoffstreifen werden zum
plastischen Teil des Bildes: Gust Graas klebt sie direkt auf die Leinwand.
Siehe "Fatzen fléien" + (Fetzen fliegen) und Vitrine!
Ein kurzer Kompass
zu seiner Kunst...
Ein kurzer Kompass
zu seiner Kunst...
POESIA: Das Museu de Pollença zeigt 12 Werke aus seinem Gust-Graas-
Bilderschatz, 21 weitere stammen aus der Privatsammlung
der ältesten Tochter Kit, die in jüngeren Jahren sogar von Papa
porträtiert wurde, damals noch mit Löwenmähne: „Crinière de lion“ + .
Zum 100. Geburtstag eines außergewöhnlichen Künstlers!
Und POESIA feiert ihn in "seinem" Pollença.
Er lebte und malte am liebsten auf der Sonnenseite:
Gust Graas ist bestimmt ein Mallorquiner!
Oliver Spiecker
Kurator POESIA
POESIA: Das Museu de Pollença zeigt 14 Werke aus seinem Gust-Graas-
Bilderschatz, 14 weitere stammen aus der Privatsammlung der ältesten Tochter Kit, die in jüngeren Jahren sogar von Papa porträtiert wurde, damals noch mit Löwenmähne: „Crinière de lion“ + .
Zum 100. Geburtstag eines außergewöhnlichen Künstlers!
Und POESIA feiert ihn in "seinem" Pollença. Er lebte und malte am liebsten auf der Sonnenseite:
Gust Graas ist bestimmt ein Mallorquiner!
Oliver Spiecker
Kurator POESIA