Luga-Satellitenprojekt „Art am Gaart“ - Eine Open-Air-Galerie für Leudelingen
- Siegfried vom Hintersee
- 8. Juli
- 5 Min. Lesezeit
Ab dem 25. Juni werden 30 Künstler ihre Werke in den Vorgärten der hauptstädtischen Nachbargemeinde ausstellen. Die erste Skulptur steht bereits – ein Vorabbericht.
Text: Anna-Lena Worz • Fotos: Chris Karaba
Zwar ist es bereits zehn Uhr morgens, doch es wirkt so, als würde die Seitenstraße in Leudelingen, ganz unweit des Friedhofs, noch schlummern. Nur wenige Autos verirren sich her. Der Spielplatz um die Ecke ist leer, die Kinder sind im Kindergarten oder in der Schule. Anders als in der Hauptstadt verzerrt kein Baustellenlärm das Idyll. Die Vorgärten sind saftig grün und gepflegt – so auch der von André Schwarz-Reding. Nur eine Sache fällt ins Auge und überrascht: eine Skulptur, die da im Vorgarten steht und auch so manchen müden Passanten durch ihre knalligen Farben aus dem Schlaf ins Hier und Jetzt reißt.
Im Rahmen von „Art am Gaart“, einem Satellitenprojekt der „Luxembourg Urban Garden“ (Luga), werden vom 25. Juni bis 16. September Kunstwerke von 30 Luxemburger Künstlern in privaten Vorgärten ausgestellt. So auch bei Schwarz-Reding, der als Mitglied der Kulturkommission schon früh von der Idee erfuhr und seinen Garten zu Ausstellungszwecken anbot. „Schon im letzten Jahr hatten wir darüber gesprochen, dass wir gerne mit dem Infrastruktur in Leudelingen anfangen möchten“, erzählt er. Wie viele Gemeinden habe auch seine Gemeinde das Problem, dass es keinen richtigen Ort zum Ausstellen von Kunst gebe – vielleicht abgesehen vom großen Festsaal, der aber nicht unbedingt viele Menschen anlocken würde. „So ist die Idee entstanden, etwas draußen zu organisieren – also eine Open-Air-Galerie“, erzählt das Mitglied der Kulturkommission.
Wie passend, dass Kit Graas, Präsidentin ebendieser Kommission, die Idee für „Art am Gaart“ entwickelte und das Projekt – gemeinsam mit der „Amis de la Fleur asbl“ – innerhalb von sechs Monaten auf die Beine stellte. „Ich wollte einfach mal etwas für Leudelingen machen“, erzählt die Autorin. „Als sie dann mitbekommen habe, wie die Luga vorbereitet wird, habe sie eben ein schönes Projekt für ihren Heimatort finden wollen. Da Graas im vergangenen Jahr bereits im Rahmen von „Ons Artistes“ die Ausstellung „100 Jahre Gust Graas“ organisiert hatte, war sie bereits in Kontakt mit zahlreichen Künstlern und konnte viele persönlich bei dem neuen Projekt ansprechen. Das Resultat: Mehr als 30 Künstler reichten ihre Bewerbungen für „Art am Gaart“ ein. „Wir konnten auwählen,das ist doch schön“, sagt sie lachend.
Nur eine oder zwei Bewerbungen habe sie ablehnen müssen, und das tat ihr leid. Darunter eine Künstlerin, die hauptsächlich mit Glas arbeitet, was bei einer Open-Air-Ausstellung natürlich zu gefährlich wäre. Im Gegensatz zu einer Ausstellung im Museum bestehen dabei schließlich andere Rahmenbedingungen. Das Kunstwerk in Schwarz-Redings Garten war das erste, das für die Ausstellung aufgerichtet wurde.

Dass das Wetter in den letzten Wochen nicht unbedingt mitgespielt hat, sei aber nicht schlimm, meint Künstlerin Yvette Rischette: „Die Skulptur wurde dreimal mit einer dicken, widerstandsfähigen Resin-Schicht überzogen.“ Im Winter rate sie zwar, die Kunst nach Drinnen zu verlagern, da diese Schicht durch Frost durchaus reißen könnte, sonst sei die Skulptur aber wetterfest.
Und noch etwas ist sicher: Wer das Kunstwerk anschaut, der bekommt direkt gute Laune. Künstlerin Rischette, die ihre Leidenschaft schon seit 30 Jahren hauptberuflich nachgeht, würde ihre Werke passenderweise auch als „lebensfroh und lustig“ bezeichnen. Bei der Auswahl ihrer Farben sei sie außerdem sehr naturverbunden. "Es gibt ja so viele Farben in der Natur, die man in den Bildern verarbeiten kann“, findet Rischette, die sich sonst eigentlich eher der Malerei verschrieben hat.
Für die Skulptur hat sie mit Assy Jans zusammengearbeitet, der ihren Entwurf in Stahl und Eisen umsetzte. So schnell wie Kit Graas das Projekt aufstellte, so zügig kommen auch Yvette Rischettes Entwürfe zustande – „ich habe das alles im Kopf. Wenn ich beginne, ergibt es sich von allein“, erzählt sie lachend.

Dass das Kunstwerk so farbig ist, hat André Schwarz-Reding anfangs überrascht. Denn eigentlich hatten alle Bewerber Schwarz-Weiß-Fotos zur Auswahl an die Kulturkommission geschickt. Das Motiv habe ihn aber schon von Beginn an sehr gut gefallen. Es zeigt passenderweise Tiere im Garten: vom Hund und Fuchs bis zum Vogel und der Katze. Und dann wären da noch der Mensch mit der Krone und der mit Flügeln Motive, die in Rischettes Werken immer wieder auftauchen - und sich auf der Rückseite des doppelseitigen Kunstwerks befinden. Während die Vorderseite durch knalliges Rot auffällt – was laut Künstlerin einfach gut mit dem Grün des Gartens harmoniere - so ist die Rückseite mit seinen Blautönen eher ruhig gehalten. Ob es auch Kriterien bei der Auswahl der Gärten gab, fragen wir Organisatorin Kit Graas. Die wiederum lachend antwortet, dass es natürlich ein schöner Vorgarten sein sollte – „nicht so ein Urwald wie bei mir. Ich mache Permakultur“. Mit der Auswahl der Gärten in ganz Leudelingen scheint sie nun zufrieden zu sein, denn „ich finde nicht mal, dass die Gärten Natur sind. Die sind schon ein Kunstwerk an sich. Und da finde ich, passt das andere Kunstwerk sehr schön dazu.“
Und auch Musik würde gut zur Ausstellung passen, ist die Kulturkommission überzeugt. So kam die Idee auf, dass Maria Miteva, Lehrerin der Leudelinger Musikschule, bei der Vernissage der Ausstellung und den geplanten Führungen gemeinsam mit ihren Schülern die Kunst musikalisch untermalen könnte. "Die Kulturkommission muss noch entscheiden, wie das Ganze gestaltet wird. Aber meine Idee ist, dass wir in verschiedenen Gärten vielleicht kleine Ensembles bilden", erzählt die Querflötistin, die nicht nur Herrn Schwarz-Reding, sondern in der Vergangenheit auch dessen Tochter unterrichtete.
Am 25. Juni wird die Vernissage der Open-Air-Galerie stattfinden – das genaue Programm wird Kit Graas noch auf die Beine stellen. Neben der musikalischen Untermalung sind bei mit „Visit Minett“ veranstalteten Führungen auch Mittagessen geplant. Denn „das Dorf ist groß. Wenn ich eine Visite guidée mache, dann werden wir in der Mitte essen gehen“, so Graas. „Art am Gaart“ habe also, so wie viele normale Ausstellungen auch, eine Vernissage und eine Finissage.
Im Gegensatz zum riesen Projekt der Luga in der Hauptstadt, das über ein Budget von 22 Millionen Euro verfügte, versucht das Satellitenprojekt in Leudelingen aber, ohne Subventionen auszukommen. „Und wir nehmen auch kein Geld von den Künstlern“, unterstreicht Kit Graas, die in der Gemeinde erfolgreich nach Sponsoren gesucht hat. „Manche waren wirklich sehr aktiv und begeistert von der Idee.“
Von der Luga selbst habe sie bisher noch nicht viel gesehen, so Graas weiter. „Ich hätte mir etwas Anderes darunter vorgestellt. Ich habe die deutschen Gartenschauen nämlich immer gerne besucht und habe Blumen schon immer schrecklich gerne gehabt.“ „Die Luga schätzt sie nun als „ein bisschen für jedermann“ ein. André Schwarz-Reding, der auch bei der Eröffnungsfeier im Park anwesend war, gefällt die Gartenschau hingegen. „Die Petruss wurde ja renaturiert, das ist jetzt etwas ganz anderes als vorher.“
In diesem Sinne glaubt er auch, dass sich die Luga als Hauptattraktion des Jahres und „Art am Gaart“ gut ergänzen – auch weil der Kontext ein ganz anderer sei. Seiner Meinung nach wäre es schön gewesen, wenn alle Nachbargemeinden in irgendeiner Form mit integriert worden wären. „Aber das war vielleicht auch nicht das Ziel der Luga.“ Kit Graas sieht diese ebenfalls nicht als Konkurrenz, im Gegenteil: „Die Luga bringt nur ein bisschen mehr Werbung für mich.“
Was André Schwarz-Reding allerdings auf dem Herzen liegt – und da stimmt auch Künstlerin Rischette ihm zu – ist, dass die Luga vor allem für Tagestouristen nicht ausreichend beworben würde. „Meiner Meinung nach müsste das viel mehr ausgeschildert sein. Das ist oft das Problem der Stadt, dass so etwas leider ganz diskret gehandhabt wird. Man müsste viel eher die Werbetrommel rühren.“
„Die Gärten sind schon ein Kunstwerk an sich.“
